Tage Alter Musik – Almanach 2018
Mittelbayerische Zeitung 46 Das Video der denkwürdigen „Stand by me“-Version vom Royal Wedding ist über Nacht zum Youtube-Hit geworden. Ganz so geschmeidig, wie die Leiterin dort ihren Gospel-Chor animiert, ist Lionel Meunier nicht. Doch wie der hochgewachsene Bass in seinem Ensemble vox luminis als mit- singender Ganzkörperdirigent agiert, das ist schon auch eine Schau. Für den Auftritt bei den Tagen Alter Musik in der Basilika Sankt Emmeram hatte er ein exquisites Bach-Pro- gramm zusammengestellt, in dem dessen fünf wichtigste Motetten durch zwei Instru- mentalsätze aus Kantaten gegliedert wurden. Die Doppelchörigkeit der vier kürzeren Werke, die jeweils paarweise am Beginn und am Ende des Konzerts erklangen, kenn- zeichnete die belgische Formation nicht nur durch die Aufstellung - zwei jeweils vierköp- fige Gruppen links und rechts -, sondern auch durch die Zuordnung von mitspielen- den Streichern für den einen und Bläsern (Oboen und Fagott) für den anderen Chor. Von der Mitte des Raumes aus ergab das eine exquisite Klangmischung, die die Satzsstruk- tur hervorragend hörbar machte. Prägnant, aber nie aufdringlich Die Stimmkultur der Sänger, ihre genaue Diktion und Wendigkeit, erlaubt eine subtil vorwärts drängende, natürlich fließende Gangart. Für die Harmonik entscheidende Stimmen treten bisweilen prägnant, aber nie aufdringlich aus dem trotz der solistischen Besetzung homogenen Ensembleklang her- vor - ideale Voraussetzungen also für bewe- gende Interpretationen dieses Schlüsselrep- ertoires. Besonders gelungene Momente her- auszugreifen (etwa der Einstieg der Bässe bei „Alles, was Odem hat“ in „Singet demHerrn ein neues Lied“), wird der Geschlossenheit des Gesamteindrucks kaum gerecht. In den Instrumentalnummern entwickelte das Begleitensemble wenig Ambitionen, sich in den Vordergrund zu spielen. Jasu Moisio blies allerdings im Adagio aus dem Ostero- ratorium eine herrliche Oboe. Zu Recht an zentrale Stelle rückte mit der Motette „Jesu meine Freude“ Bachs Gipfelwerk der Gat- tung. Die kluge Beschränkung auf eine Con- tinuo-Begleitung fokussierte das Hören auf die überragend erfüllte fünfstimmige Struk- tur, innerhalb derer die dreistimmigen solis- tischen Passagen und das traumverlorene „Gute Nacht, o Wesen“ Inseln der inneren Sammlung bildeten - herausragend. Tags zuvor hatte inalto (ein weiteres belgi- sches Ensemble) nach Venedig geladen, wo- bei St. Oswald als Ersatz für die Redentore- Kirche und Santa Maria della Salute diente. Den roten Faden des Programms bildete ve- nezianische Musik, die in Gottesdiensten an- lässlich der Pest von 1630 erklungen sein könnte, mit der Verehrung Mariens als Be- schützerin der Stadt im Mittelpunkt. Der Vergleich zwischen verschiedenen Ver- tonungen derselben Gebete (Litaneien und Salve Regina) war durchaus erhellend. Frei- Drei exquisite Konzerte zu Pfingsten Musik Vox Luminis präsentiert ein starkes Bach-Programm. Auch bei InAlto und Tenebrae Consort erweist sich alte Musik als zeitlos Von Juan Martin Koch Tenebrae Consort in der Schottenkirche
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