Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

Mittelalterensembles aus ganz Europa Musik des Mittelalters, das ist auch weltliche, d.h. höfische, später auch städtische Musik der Minnesänger, Troubadoure, der Spielleute und Vaganten, die zum Tanz aufspielten, aber auch von Liebe und Leid sangen, poetisch und religiös, aber auch derb und volksnah. Den stimmungsvollen Anfang für solche weltlichen Musiktraditionen des Mittelalters machte bereits auf dem ersten Festival die deutsche Formation Bären Gässlin mit Michael Korth, Johannes Heimrath, Isabella Ernst und Christine Simon. Ein denkwürdiges Konzertereignis, weil sich das Ensemble schon bald auflöste und eine andere Lebensform außerhalb des Kulturbetriebs vorzog. So war Regensburg eines der letzten Gelegenheiten, klassische Texte des deutschen Minnesangs musikalisch virtuos und lebendig von einem Ensemble interpretiert zu hören, das in den 70er Jahren eine stattliche Reihe von Schallplatten – wissenschaftlich begleitet – herausgebracht hatte. Das Festivaljahr 1987 brachte ein Bordunmusik-Konzert mit René Zosso , Drehleier/Gesang und Anne Osnowycz , Scheitholz/Gesang, beide auch Mitglieder des Clemencic Consorts. (Für ihren solistischen Auftritt in der Minoritenkirche wurden im Übrigen die Stühle um die beiden Musiker gruppiert.) 1992 war zum ersten Mal das Mittelalterensemble La Reverdie aus Italien zu hören – gleichzeitig ihre Deutschlandpremiere. Auf dem Programm stand ihr ‚Bestiarium‘-Programm über Tiergestalten in der Musik des Mittelalters. Dasselbe Programm war gerade auf einem kleinen italienischen Label auf CD erschienen. Es begann danach ein steiler Aufstieg des Ensembles. Im Jahr 2000 traten die beiden Geschwisterpaare zum zweiten Mal in Regensburg auf – diesmal mit einem geistlichen Programm, das wiederum nachhaltigen Eindruck hinterließ. Ein weiteres prominentes Ensemble aus Italien (Florenz) ist Modo Antiquo , das 1996 als Barockorchester in Regensburg auftrat und 2000 als Mittelalter- ensemble. Es vermittelte einen attraktiven Querschnitt aus den berühmten Carmina Burana (der zweit- wichtigsten einschlägigen Handschrift neben der ‚Manessischen‘). Als drittes italienisches Mittelalter- ensemble bot das Anima Mundi Consort 2006 ein rein instrumentales Tanzmusikprogramm. Die ganze Palette spätmittelalterlicher Instrumente (Lauten, Pommer, Flöten, Fidel, Rebec, Psalterium usw.) fand Einsatz, um italienische Tänze wie Istanpitta, Saltarello, Trotto abwechslungsreich zu arrangieren. Als ausgesprochener Spezialist mit außergewöhnlicher Virtuosität in Gesang und in der Beherrschung seiner Fidel stellte sich Brice Duisit (Frankreich) 2008 dem Regensburger Publikum vor. Mit Chansons und Balladen des ‚Marcabru‘, des berühmtesten Troubadours der Provence, hat er sich einer äußerst schwer zugänglichen Literatur gewidmet, welche die Beherrschung der okzitanischen Sprache wie mittelalterlicher Fideltechniken verlangt. Auch textlich gilt Marcabru, der Vertreter des sog. dunklen Stils und Verteidiger der Hohen Minne, als sehr anspruchsvoll. Ein seltenes, beeindruckendes Hörerlebnis! Amerikas Mittelalter-Szene Noch deutlicher als im Bereich der geistlichen Musik dominieren bei der weltlichen Musik des Mittelalters amerikanische Künstler und sind in der Szene maßstabsetzend. Das New York’s Ensemble For Early Music (Leitung: Frederick Renz) hatte in den USA längst einen hohen Bekanntheitsgrad 84 Brice Duisit (2008)

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