Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

Rezeptionsgeschichte im 19. Jahrhundert (Cäcilianismus, ‚offizielle‘ katholische Kirchenmusik) ist zu erklären, dass der Regensburger Domchor sich dem sog. Palestrina-Stil (in der cäcilianistischen Ausrichtung) verpflichtet weiß. Es war eine Selbstverständlichkeit, diese Gesangstradition eines welt- berühmten Knabenchors, noch dazu „vor Ort“, ins Festivalgeschehen mit einzubeziehen. Deshalb fehl- te in keinem Programmheft der Hinweis auf das sonntägliche Dom-Amt mit den Domspatzen. Beim Auftakt der Festivalgeschichte war der Gottesdienst mit der Palestrina-Messe ‚Tu es Petrus‘ sogar Bestandteil des Festivalprogramms. Weltliche Renaissancemusik Noch breiteren Raum als die Kirchenmusik der Renaissance nahm in der Festivalgeschichte die weltli- che Renaissancemusik ein – in ihrer ganzen Vielfalt als Vokal- und Instrumentalmusik, Bläser- und Consortmusik, in ganz Europa mit unterschiedlichen Stilen ausgeprägt: in Italien, Frankreich, England, Deutschland, Spanien; mit ihren neuen Gattungen (Chanson, Frottola, Villanella, Madrigal, Lied) und Tanzformen, ihren modischen Instrumenten (Orgel/Klavier, Virginal, Laute) und Besetzungen (Consortmusik). Renaissancemusik aus Italien, England, Frankreich und Deutschland Die aktuelle Künstlerszene, die sich dieser Musik widmet, ist – wie die Musik selbst – international. Doch haben die Alte-Musik-Ensembles aus Übersee in diesem Musikbereich ein deutliches Überge- wicht und sind maßstabsetzend. Ein Beweis für die Breite der Szene auch in Deutschland sind die vie- len regional und überregional wirksamen Aktivitäten. So konnte ins Programm des ersten Festivals ein ortsansässiges Ensemble eingebunden werden, das ein buntes Renaissancefest mit Musik, Tanz, Essen und Trinken, ein ‚Spectaculum Musicae‘ im Runtingerhaus ausrichtete ( Musica Antiqua Ambergensis ). 1986 war weltliche Renaissancemusik gleich dreimal vertreten. Die City Waites aus England unterhiel- ten in einem kurzweiligen Nachtkonzert im Saal des Getreidespeichers „Leerer Beutel“ mit Straßenliedern und Tänzen des Mittelalters und der Renaissance. Stolz durften die Veranstalter sein, dass Paul O’Dette aus New York bereits 1986 den Weg nach Regensburg gefunden hat und im Herzogssaal englische und italienische Lautenmusik zum Besten gab. Ebenfalls aus Amerika (Boston) stammend konnte das noch weitgehend unbekannte amerikanische Trio Live Oak mit Musik der spani- schen Renaissance auf sich aufmerksam machen. Auch 1988 waren zwei amerikanische Formationen zu Gast. Das „ Project Ars Nova ”, kurz PAN, um Michael Collver und Crawfrod Young, war mit Werken von Dufay und Ciconia zu hören. Shira Kammen trat hier zum ersten Mal in Regensburg auf. Es soll- ten noch zahlreiche Auftritte bei den Tagen Alter Musik folgen. Das Renaissance-Ensemble The Musicians of Swanne Alley um David Douglas und Paul O’Dette begeisterte im Nachtkonzert. Eine CD- Aufnahme, die für Virgin gerade vor den Tagen Alter Musik in London produziert wurde, machte den Auftritt möglich. Französische Ensembles haben sich ihrer nationalen Renaissance-Musiktraditionen angenommen. Lieder und Tänze (am burgundischen Hof) von Dufay und seinen Zeitgenossen ließ in der Oswald- Kirche das französische Ensemble Allégorie virtuos erklingen. Gespannt erwartet das Regensburger Publikum das erlesene Programm des Ensembles Le Poème Harmonique , das unter der Leitung von Vincent Dumestre 2009 zu Reise-Impressionen des Renaissance-Komponisten Charles Tessier einlädt. Ganz eigentümliches Lokalkolorit strahlt die englische Renaissancemusik aus. 1992 trat zum ersten Mal 90

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