TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2004 Fränkischen Sommer, den Festtagen für Alte Musik in Nürnberg und Stuttgart und dem Schleswig-Holstein Musikfestival. Mit dem Bläseroktett Amphion war er 1. Preisträger des renommierten Van Wassenaer Contest in Den Haag 1998, sowie Finalist des Festivals von York 1999. Zum Programm: Telemann, 1681 in Magdeburg geboren, war zu seiner Zeit der erfolgreichste und produktivste Komponist im deutschen Sprachraum. Er trat 1702 seine erste Stelle als musikalischer Direktor der Oper in Leipzig an und kam nach Anstellungen als Kapellmeister im schlesischen Sorau, in Eisenach und in Frankfurt/Main im Jahre 1721 als Kantor und Kirchenmusikdirektor nach Hamburg, wo er bis zu seinem Tode 1767 blieb. Zur ungeheuren Fülle seiner Werke gehören Hunderte von kirchlichen und weltlichen Kantaten, mehr als dreißig Opern, Kammermusik und Klaviermusik sowie mehrere hundert Konzerte und Orchestersuiten (Ouvertüren). Etliche von Telemanns Ouvertüren verweisen mit programmatischen Überschriften auf außermusikalische Sujets. Zu diesen gehört auch die B-Dur Ouvertüre „ Le sommeil “ (Der Schlaf), eine Komposition, die zu Telemanns Lebzeiten ungedruckt blieb und deshalb heute nur schwer zu datieren ist. Eine Kopistenabschrift entstand zwischen 1725 und 1730 und lässt damit zumindest eine annähernde Zeitbestimmung zu. „ Le sommeil “ beginnt ganz nach Art französischer Ouvertüren mit einem scharf punktierten, dreigliedrigen Einleitungssatz festlichen Charakters. Unter den folgenden acht Sätzen befinden sich drei mit den traditionellen Überschriften „Menuet“ und „Courante“, während die anderen mit den viel sagenden Titeln „La Discretion“ (Die Verschwiegenheit), „La Grimace“ (Die Grimasse), „La Doute“ (Der Zweifel), „Le Sommeil“ (Der Schlaf) und „Mercure“ (Merkur) Hinweise darauf geben, welche nächtlichen Szenen Telemann mit seiner Musik musikalisch nachgezeichnet haben könnte. Alle Details bleiben dabei freilich – ganz dem Thema angemessen – im Dunkeln, und erst der Strahl des hellen Morgensterns Merkur beendet das nächtliche Treiben. Während Georg Philipp Telemann und seine Kompositionen bereits schon zu Lebzeiten einen außerordentlichen Ruf genossen, geriet der am Zerbster Hof als Kapellmeister tätige und bei seinen Kollegen hoch angesehene Johann Friedrich Fasch schon bald nach seinem Tod beinahe völlig in Vergessenheit. In der biographischen Betrachtung beider langjährig befreundeten Komponisten zeigen sich dagegen einige bemerkenswerte „Leipzig-spezifische“ Parallelen. Beide verbrachten am Anfang ihrer musikalischen Laufbahn einige Jahre in Leipzig, wo sie neben ihren musikalischen Tätigkeiten Jura studierten. Sowohl Telemann als auch Fasch gründeten zeitlich um einige Jahre versetzt in Leipzig eigene studentische Orchester (1701 „Telemannsche Collegium musicum“, 1708 „zweyte ordinäre Collegium musicum“), als dessen Leiter sie bei gesellschaftlichen Anlässen u.a. auch eigene Kompositionen öffentlich erfolgreich aufführten. Beide verließen imAlter von 23 bzw. 24 Jahren Leipzig. Als 1722 in Leipzig die Stelle des Thomaskantorats ausgeschrieben wurde, waren Telemann und Fasch aussichtsreiche Kandidaten. Beide nahmen aus ganz unterschiedlichen Gründen die angebotene Stellung, die schließlich mit J.S. Bach besetzt wurde, nicht an. Während Telemann selbstbewusst als vielseitig innovativer, produktiver und auch geschäftlich geschickter Musiker schon zu Lebzeiten „Weltruhm“ erlangte, stand Fasch, musikalisch durchaus erfolgreich, bis an sein Lebensende als Kapellmeister einer kleinen, mitteldeutschen Hofkapelle im Dienste des Zerbster Hofes. Im heutigen Programm begegnen sich mit Telemann und Fasch zwei Meister ihrer Zeit und es mag dem heutigen Hörer überlassen bleiben über die Frage nachzugrübeln, ob wirklich allein die kompositorische Qualität so manches Mal über den Verlauf der Musikgeschichte bestimmt. Geboren 1688 als erstes Kind einer Pastorentochter und eines Schulrektors, zu dessen Aufgaben wie damals selbstverständlich auch die musikalische Gestaltung der kirchlichen Gottesdienste gehörte, verbrachte Johann Friedrich Fasch seine ersten Lebensjahre in Buttelstedt nahe Weimar. Nach dem Tod seines Vaters wurde der zehnjährige Johann Friedrich Fasch ob seiner wohlklingenden Stimme als Diskant singender Kapellknabe in die Weißenfelser Hofkapelle aufgenommen. Eine Fortsetzung seiner musikalischen Erziehung folgte drei Jahre später mit dem Wechsel an die bekannte Leipziger Thomasschule, an der Fasch Schüler des Kantors Johann Kuhnau wurde. Hier begegnete er erstmals dem fünf Jahre älteren Christoph Graupner, der für einige Jahre als Internatspräfekt für die Beaufsichtigung und Betreuung Faschs zuständig war. Nach Beendigung seiner Schulzeit begann Johann Friedrich Fasch in Leipzig Jura zu studieren. Seine wahre Leidenschaft aber gehörte der Musik. Er gründete in Anlehnung an das von G. Ph. Telemann 1701 in Leipzig gegründete „Telemannsche Collegium musicum“ 1708 das „zweyte ordinäre Collegium musicum“, zu dessen Mitgliedern u.a. die später bedeutsamen Kapellmeister und Komponisten J. D. Heinichen, G. H. Stöltzel und J. G. Pisendel gehörten. Mit diesem von ihm geleiteten Studentenorchester bot sich Fasch erstmals die Gelegenheit, im Rahmen gesellschaftlicher Anlässe und Gottesdienste auch seine eigene Kompositionen aufzuführen. Insbesondere am Anfang seiner kompositorischen Arbeit benutzte Johann Friedrich Fasch des öfteren nicht nur die soeben bekannt gewordenen Ouvertüren Telemanns als Muster für seine eigenen Kompositionen, sondern er gab seine auf diese Weise entstandene Musik auch „unter dessen (Telemanns) Namen zur Probe hin, und sie glaubten, zu meiner Freude, dass solche von Ihm wären“. Mit seinem „Collegium musicum“ erspielte sich Fasch über die Grenzen Leipzigs hinaus als Komponist einen erstklassigen Namen, so dass er im Jahr 1711 vom Hof zu Naumburg mit der Komposition mehrerer Opern beauftragt wurde. Ungeachtet seines unzweifelhaft vorhandenen musikalischen Talents und seines wachsenden Erfolgs fühlte sich Fasch den Anforderungen einer Laufbahn als Kapellmeister nicht gewachsen. Als weitgehender Autodidakt komponierte er, wie er über sich selbst äußerte, „ohne eine einzige Regel der Composition zu wissen“. Sein Wunsch war es, zwecks Studium nach Italien, dem damaligen Zentrum europäischer Musikkultur, zu reisen. Nachdem die erbetene Studienreise nach Italien von Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz verwehrt wurde, trat Fasch 1713 die eingangs erwähnte „Gesellenreise“ mit dem Ziel Darmstadt an. Nach Beendigung seines Studienaufenthaltes bei Graupner und Grünewald in Darmstadt trat Fasch in den folgenden Jahren verschiedene Stellungen an, zuletzt als „Componist“ im Dienste des Grafen Morzin in Prag, einem großen Verehrer und wohlhabenden Förderer Antonio Vivaldis und Widmungsträger der „Vier Jahreszeiten“. Hier wird Fasch sicherlich die Konzerte der modernsten italienischen Meister kennen gelernt haben. Erst 1722 erhält Fasch auf Vermittlung G.H. Stölzels hin eine feste Anstellung als Kapellmeister am Anhalt-Zerbster Hof, die er bis zu seinem Lebensende inne haben wird. Seine Bewerbungen auf andere Stellen bleiben folgenlos - er galt z. B. als aussichtsreicher Kandidat bei der Neubesetzung der Stelle des Thomaskantorats in Leipzig, die er nur deshalb nicht erhielt, weil er sich außerstande sah, Latein zu unterrichten. Bekanntlich trat dann J. S. Bach diese Stelle an. Fasch pflegte engen Kontakt zu zahlreichen Musikern und Kollegen und betrieb mit diesen einen regen Kompositionsaustausch. Dieser führte dazu, dass Faschs Kompositionen, obwohl nie als Druck veröffentlicht, weit über den Zerbster Hof hinaus Verbreitung fanden. Eine besonders enge Freundschaft verband ihn mit J.G. Pisendel, Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle und einer der besten Geiger seiner Zeit. Die im Vergleich zur Zerbster Hofkapelle groß besetzte Dresdner Hofkapelle galt zu Pisendels Zeit international als das führende Instrumentalensemble und war nördlich der Alpen Vorreiterin in der Verbreitung des neuen, von Antonio Vivaldi geprägten Instrumentalkonzertstils. Für Fasch bot sich durch den engen Kontakt nach Dresden die Gelegenheit, sich mit der neuen Form des Solokonzertes vertraut zu machen. Darüber hinaus aber nutzte er seine Kontakte, um im Tausch mit Werken Dresdener Komponi15
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