Tage Alter Musik – Programmheft 2019
43 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Konzert 6 gauer Schlosskirche bekannt), im Jahr 1544. Die Kirchweihe erfolgte durch Luther in anwesenheit des Kurfürsten von Sachsen, zu dessen Residenz die Kapelle gehörte, des weiteren waren führende Reformatoren wie etwa Philipp Melanchthon sowie andere Würdenträger bei der Zeremonie zuge- gen. eine außergewöhnliche gelegenheit verlangte außergewöhnliche Musik, welche Johann Walter beisteuerte. Seine Komposition „Beati imma- culati in via/Vive Luthere“ ist eine grandiose fanfarenartige „Staatsmo- tette“ in fünf Teilen zu sieben Stimmen, welche gleichzeitig drei verschie- dene Texte singen. Fünf der sieben Stimmen singen eine auswahl von Ver- sen aus Psalm 119, die vermutlich wegen ihres gemeinsamen Themas gewählt wurden: alle drücken das Bestreben aus, der Lehre des Herrn zu folgen. eine dieser Stimmen ist frei komponiert, während die anderen vier einen Kanon zu vier Stimmen im einklang imabstand von zwei Doppel- ganzen singen. Der Bassus singt in jedem Motettenteil den gleichen Text in Versdichtung und lobt Luther und Melanchthon „ingleichen“ als die bei- den geistlichen „brennenden Lichter [des Sächsischen Landes]“ bei der Kirchweihe, für die das Stück komponiert wurde. Der Text kann auch als Kommentar zu den Versen des Psalms 119 verstanden werden, wobei er Luther und Melanchthon die Rückkehr zu den wahren christlichen Lehren zuerkennt sowie beide preist mit den Worten „Ihr habet die finstern Wolken vertrieben“ , Wolken, die diese Lehren zuvor verdunkelt hatten. nicht nur der Text, sondern auch die Musik in dieser Stimme ist in jedem der fünf Teile der Motette identisch. Die Worte sind schlicht mit einer fanfareähn- lichen, aus zwei Tönen imQuintabstand bestehenden Figurierung vertont mit einem der Metrik des Textes entsprechendem ostinato. Die Ähnlichkeit mit Trompetenrufen und die mit diesen verbundenenasso- ziationen mit dem Königtum sind kein Zufall. Der altus singt noch einen dritten Text zum Lob des Kurfürsten Johann Friedrich I. des großmütigen von Sachsen; dieser Text bringt den Herrscher in Verbindung mit dem Inhalt der Psalmverse als „Verteidiger des wahren Glaubens“ und Beschützer derer, die den wahren Lehren der Bibel folgen. Musikalisch ist der Vortrag des Textes in der altstimme noch einfacher als beim Bassus, denn er wird auf einer einzigen note deklamiert. Das Stück beinhaltet so innerhalb einer äußerst strengen Struktur ein komplexes Zusammentreffen von elementen, welche traditionelle biblische exegese darstellen sowie die achtung vor den himmlischen gesetzen gottes und der weltlichen Herrschaft des Kur- fürsten symbolisieren könnten. Das Stück wurde von georg Rhau kurz nach der Kirchweihe in einer gedenkausgabe veröffentlicht, in welcher visuelle Darstellungen die musikalischen Bilder ergänzen. Für Luther diente die Musik nicht nur gemeindlichen und gottesdienst- lichen Zwecken, sondern sie war auch ein zentrales element im häuslichen Leben. Viele Berichte bezeugen, dass der Reformator in diesem Rahmen zumMusizieren aufforderte: nach demabendessen wurde häufig in sei- nem Haus mit gästen sowie seiner Familie gesungen und aufgespielt. In solch einer häuslichen Umgebung muss er oft Trost gefunden haben in Josquins Liedern, die persönliche Trauer bekunden, wie etwa „Douleur me bat“ und „Plaine de dueil“, zwei höchst ausdrucksvollen fünf- stimmigen Chansons im Kanon. In seinem zu Beginn dieses Textes zitierten Brief an Senfl erläutert Luther anschließend, warum er der Musik einen solch hohen Stellen- wert zumisst: „Weil allein dieselbe nach der Theologie solches vermag, was nur die Theologie sonst verschafft, nämlich die Ruhe und ein fröhliches Gemüte.“ © David J. Burn Übersetzung: Hilla Maria Heintz U toPIA Veerle Van roosbroeck Sopran rob Cuppens Alt Joao Moreira Tenor Lieven termont Bariton Arnout Malfliet Bass I n A Lto Lambert Colson Zink Guy Hanssen, Susanna Defendi, Charlotte Van Passen, bart Vroomen Posaune A USFüHrenDe CD: Utopia & InAlto – Luther The noble Art of Music M ArtIn L UtHer – D Ie M ACHt Der M USIK J oSqUIn D eSPrez Douleur me bat (instrumental) (um 1450-1521) J oSqUIn D eSPrez De profundis clamavi Aus tiefer not schrei ich zu dir M AttHeUS Le M AIStre (1. Strophe) aus tiefer not (um 1505-1577) J oHAnn C rüGer (2. Strophe) Bei dir gilt nichts (1598-1662) A rnoLDUS Von b rUCK (Instrumental) (1500-1554) L UPUS H eLLInCK (3. Strophe) Darum auf gott will hoffen ich (1493/94-1541) L UDWIG S enFL De profundis clamavi (um 1490-1543 J oSqUIn D eSPrez Plaine de dueil (instrumental) Vater unser im Himmel b ALDUIn H oyoL Unser Vater in den Himmeln (1547/48-1594) J oSqUIn D eSPrez Pater noster J oHAnn W ALter Vater unser im Himmelreich (1496-1570) A nonyM Verleih uns Frieden J oSqUIn D eSPrez Victimae paschali laudes Christ lag in todesbanden b ALDUIn H oyoL (1. Strophe) Christ lag in Todesbanden C ASPAr o tHMAyr (2. Strophe) Den Tod niemand zwingen (1515-1553) kunnt J oHAnn W ALter (3. Strophe) Hier ist das rechte osterlamm o rLAnDo DI L ASSo Victimae paschali laudes (1532-1594) M ICHAeL P rAetorIUS Victimae paschali laudes (1571-1621) Sendung BR: Montag, 08.07.2019, 20.05 Uhr (Festspielzeit auf BR-KLASSIK) P roGrAMM
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