Tage Alter Musik – Programmheft 2020

41 T age a LTeR M uSIK R egenSBuRg Konzert 8 lobenden Kommentaren über diese göttlichen Künstlerinnen, und das, obwohl nur sehr wenige sie überhaupt hatten hören können. als alfonso II. in dritter ehe Margherita gonzaga heiratete, erhoffte er sehnlichst die geburt eines erben, denn dies hätte verhindert, dass seine Stadt an den Papst fiel. Für die Hochzeitsfeierlichkeiten lud der Ferrareser Hof zwei junge Frauen ein: Laura Peperara und Livia d’arco. Laura Peperaras hervorragender Ruf hatte sich bereits in Mantua etabliert, wo ihre Begabung als Sängerin, Harfenistin und Tänzerin die Bewunderung und die leidenschaftliche Verehrung durch den Hof zur Folge hatte. (Tasso widmete ihr eine Sammlung mit Liebesgedichten.) Livia d’arco war dage- gen noch ein vielversprechendes junges Talent, das in Ferrara das ideale umfeld zur Vervollkommnung ihrer gesangsausbildung und im gam- benspiel finden sollte. Schon seit geraumer Zeit hegte alfonso II. den Traum, an seinem Hof ein Vokalensemble zu etablieren, das nur aus Sopranistinnen bestehen sollte. Daher entstand ein Jahrzehnt zuvor das Concerto der Schwestern Lucrezia und Isabella Bendidio. Das ergebnis dieser ersten Bemühungen war schon bemerkenswert, wurde aber durch das Concerto delle Dame noch bei Wei- tem übertroffen, dessen Ruf sich bald in ganz europa verbreitete. Das Con- certo delle Dame war anfangs ein Duo, bestehend aus Laura Peperara und anna guarini, einer weiteren außergewöhnlichen Sängerin, die außerdem Lautenistin war. Sie war die Tochter des berühmten Dichters giambattista guarini, dessen Tragikomödie Il pastor fido einer der Texte war, die von den Madrigalisten gegen ende des 16. Jahrhunderts am häufigsten vertont wurden. Die schnellen Fortschritte Livia d’arcos ermöglichten es ihr sehr bald, ins Concerto delle Dame aufgenommen zu werden, das dadurch ein Trio wurde. Die auftritte des Concerto delle Dame waren dem Herzog und vor allem seiner gattin vorbehalten. Zu bestimmten gelegenheiten ließ man auch herausragende Mitglieder des Hofes oder Fremde von hohem Rang zu (edelleute, Herrscher, Botschafter und gesandte anderer Länder oder wei- tere bedeutende Persönlichkeiten). aber es handelte sich immer um ein sehr eng begrenztes und handverlesenes Publikum: groß ist die Zahl der- jenigen, die sich darüber beklagten, dass ihnen der Zutritt nicht gestattet wurde! am interessiertesten waren vermutlich die Musiker. einige durch- reisende Künstler wie etwa alessandro Striggio oder giulio Caccini waren mit demauftrag unterwegs, dem großherzog der Toskana Informationen zuzutragen; in der Tat waren viele norditalienische Höfe darauf erpicht, ihr eigenes Damenkonzert zu gründen (oder zumindest ein ensemble, das dem berühmten Vorbild nahe kam) und wollten daher das geheimnis ent- decken, das hinter dieser art des Musizierens stand, die - wie viele ahnten – zukunftsweisend war. obwohl das Concerto delle Dame von der größtmöglichen geheimhaltung umgeben und die exklusive erfahrung des Zuhörens ausschließlich den Privilegierten vorbehalten war, hatte es doch einen tiefgehenden einfluss auf die neuen Madrigale von Marenzio, Wert, Monteverdi und gesualdo. Die aufmerksamkeit der Zuhörer wurde vor allem von der verblüffenden Virtuosität des gesangs gefesselt, der durch passaggi, diminuzioni, cadenze, tirate, Triller und andere Fiorituren überreich verziert war. Die Interpre- tationen der Damen waren unter anderem durch ihre außergewöhnliche Klarheit der aussprache bemerkenswert, ebenso wie durch den großen Stimmumfang des Vokalensembles, das zwar nicht sehr laut, aber modu- lationsreich, nuanciert und außergewöhnlich sensibel sang. ein weiterer Reiz dieser Konzerte lag in der Überlagerung von Stimmen und Instru- menten (die drei Damen beherrschten, wie bereits erwähnt, jeweils ein Instrument), die im Kontrast zur sonst für Madrigale üblichen a-cappella aufführung stand. ein geheimnis umgab nicht nur die auftritte des Concerto delle Dame, sondern auch das Repertoire dieses ensembles. Die für die Damen geschriebenen Stücke wurden in Bänden gesammelt, die unter Verschluss gehalten wurden. es war streng verboten, diese Werke zu veröffentlichen. Die Leitung dieser musica secreta oblag Luzzasco Luzzaschi. als Instru- mentalist hatte er die aufgabe, die Damen am Cembalo zu begleiten (so wie Ippolito Fiorini, der Leiter der fürstlichen Kapelle, damit betraut war, Claire Lefilliâtre Foto: Sébastien Brohier Barbara Kusa Foto: antony Zaro Dagmar Saskova Foto: Martin Vohralik

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