Tage Alter Musik – Programmheft 2006

Das 2003 von Luca Brunelli Felicetti gegründeteAnima Mundi Consort ist eines der herausragenden Mittelalter-Ensembles Italiens. Die Musiker sind erstmals in Regensburg zu Gast und werden in ihrem Konzert mit einem reichen mittelalterlichen Instrumentarium einen Querschnitt mittelalterlicher Tänze präsentieren. Dabei wird die virtuose Improvisationskunst der acht italienischen Musiker die Besucher sicherlich begeistern. Beim CD-Label Tactus ist die erste Folge mittelalterlicher Tänze mit dem Titel „Danzi strumentali medievali Italiane“ erschienen. Folge zwei wurde erst kürzlich unter dem Titel „A Ogni Sera Si Stromenta A Dança!“ veröffentlicht. Zum Programm: Als spärliches Zeugnis einer weitverbreiteten Praxis erreicht uns aus dem späten Mittelalter eine Reihe fast vergessener instrumentaler Tänze, nicht einmal fünfzig in ganz Europa, alle anonym, ungenau datiert und von kaum feststellbarer nationaler Herkunft. Doch trotz der spärlichen Angaben sind diese Stücke für uns äußerst wertvoll, weil sie uns eine Sicht auf die instrumentale Improvisationspraxis eröffnen, von der wir annehmen, dass sie jeglicher musikalischer Form im Mittelalter zugrunde lag. Der Tanz durchdrang die mittelalterliche Gesellschaft in all ihren Ausdrucksbereichen; er bezog sämtliche soziale Schichten ein, passte sich ebenso ländlichen Festen wie aristokratischen Zusammenkünften, christlichen Kulthandlungen ebenso wie Riten heidnischen Ursprungs an, indem er diese sozial mehr denn je voneinander entfernten Bereiche durch recht einheitliche Formen und Praktiken miteinander verband. Die vokale und instrumentale Musik entstammte der mündlichen Tradition, die wahrscheinlich eher als fertige Stücke sogenannte tenores überlieferte, gleichsam melodische Gerüste, aus denen sich lange Improvisationsketten entwickelten. Die im heutigen Nachtkonzert erklingenden Tänze stammen hauptsächlich aus einem Manuskript, das heute in der British Library in London liegt, die zusammen mit diesen Instrumentalstücken Madrigale und Cacce von Autoren der italienischen Ars nova beziehungsweise des 14. und frühen 15. Jahrhunderts aufbewahrt. Daraus ergeben sich wertvolle Hinweise auf die Datierung der Tänze, wobei jedoch nicht auszuschließen ist, dass sie über mehrere Generationen hinweg weitergegeben wurden, bevor sie in die Manuskripte aufgenommen wurden. Was wissen wir heute von der Aufführungspraxis dieser Tänze? Die Tatsache, dass sie fest in der Improvisationstechnik verwurzelt sind, erschwert sicherlich ihre klangliche Rekonstruktion: wir müssen uns stets vor Augen halten, dass die Notation hier kaum mehr als eine Art musikalische Stenographie darstellt. Bei eingehender Beschäftigung finden sich jedoch nicht wenige Hinweise zur Interpretation, die uns aus musikalischen, literarischen und ikonographischen Quellen überliefert sind. Wir verfügen vor allem über eine recht gute Kenntnis des zeitgenössischen Instrumentariums. Die weite Verbreitung des Tanzes in der mittelalterlichen Gesellschaft hat ihn enorm bereichert und wir können mit Sicherheit sagen, dass keine Instrumentengruppe vom Einsatz in der Tanzmusik ausgeschlossen war. Angefangen mit den Instrumenten, die wir wenig später in volkstümlichen Zusammenhängen finden, wie Drehleier oder Dudelsack, über „vornehme“ Instrumente wie Laute oder Harfe, Instrumente aus dem militärischen Bereich wie Trompete oder Trommel bis hin zu solchen, die vorzüglich in der Kirche eingesetzt wurden, wie Orgel oder Glocken: alle diese Instrumente und viele andere mehr wurden zur Begleitung von Tänzen herangezogen, wie wir aus verschiedensten Quellen wissen. Besonders reichhaltig war das Arsenal der Perkussionsinstrumente, was leicht zu verstehen ist, wenn es um den Tanz geht. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Anima Mundi Consort (Italien) JUNI2006 Sonntag, 4. Juni 2006, 22.45 Uhr (Nachtkonzert), St.-Oswald-Kirche , Weißgerbergraben „Ogni Sera Si Stromenta A Dança!” - Tanzmusik des Mittelalters in Italien 32 Anima Mundi Consort Luca Brunelli Felicetti

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