Tage Alter Musik – Almanach 2023

26. BIS 29. MAI 2023 MUSIK VOM MITTELALTER BIS ZUR KLASSIK KONZERTE AN HISTORISCHEN STÄTTEN ALMANACH 2023 Preis: 8,00 €

Vorschau 2 vorschau tage alter musik regensburg 17. mai bis 20. mai 2024 MUSIK VOM MITTELALTER BIS ZUR KLASSIK KONZERTE AN HISTORISCHEN STÄTTEN Regensburger Domspatzen Christian Heiß Musica Florea Prag (Tschechien) The Marian Consort Rory McCleery (Großbritannien) The Illyria Consort Bojan Cˇ iˇcic´ (Großbritannien) Les Muffatti Bart Jacobs (Belgien) La Petite Écurie (Frankreich) Les Ombres Théotime Langlois de Swarte (Frankreich) La Chimera Eduardo Egüez (Italien) NovoCanto (Österreich) The Binchois Consort Andrew Kirkman (Großbritannien) Fieri Consort (Großbritannien) Ensemble ApotropaïK (Frankreich) Le Consort (Frankreich) Kölner Akademie Michael A. Willens (Deutschland) & Ronald Brautigam (Niederlande) Arsenale Sonoro Boris Begelman & Francesca Aspromonte (Italien) Quicksilver (USA) Perrine Devillers & Ariel Abramovich (Frankreich/ Argentinien) Constantinople Kiya Tabassian (Kanada) & Marco Beasley (Italien) Capella Cracoviensis Jan Tomasz Adamus (Polen) BEIPROGRAMM: Große internationale Verkaufsausstellung von Nachbauten historischer Musikinstrumente, von Noten, Büchern und CDs im historischen Salzstadel an der Steinernen Brücke vom 18. Mai bis 20. Mai 2024 „La Pellegrina“ – Die Florentiner Intermedien (1589) anlässlich der Hochzeit von Ferdinando I. de’ Medici und Christine von Lothringen, Tagung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg am Freitag, dem 17. Mai 2024 Kurstag „Alte Musik“ mit Marco Beasley in der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik am Dienstag, dem 21. Mai 2024 Den Beginn des Vorverkaufs entnehmen Sie der Homepage www.tagealtermusik-regensburg.de TAGE ALTER MUSIK REGENSBURG Postfach 10 09 03 · D-93009 Regensburg · Tel. 0941/8979786 · Fax: 0941/8979836 e-Mail: TageAlterMusik@t-online.de Änderungen vorbehalten!

Vorwort / Inhalt 3 inhalt Bayerische Staatszeitung 8 BR-KLASSIK „Allegro“ 10 BR-KLASSIK „Jazz und mehr“ 14 BR-KLASSIK „Tafel-Confect“ 18 Donaukurier 28 Gelsenkirchen – Barock: Neues aus der Alten Musik 30 Mittelbayerische Zeitung 34 NMZ – Neue Musikzeitung 40 Neumarkter Nachrichten 44 Regensburger Zeitung 50 SWR2 Alte Musik 56 Süddeutsche Zeitung 64 Zeitzeichen 70 vorwort Die 38. Tage Alter Musik Regensburg fanden traditionell wieder am verlängerten Pfingstwochenende vom 26. bis 29. Mai 2023 statt: 16 Konzerte, die große Instrumentenausstellung, die internationale Tagung über H.I.F. Bibers Rosenkranzsonaten und die Konzerteinführungen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg und schließlich am 30. Mai der Kurstag mit Florence Bolton und Benjamin Perrot in Zusammenarbeit mit der Kirchenmusikhochschule. Alle Konzerte waren sehr gut besucht – zwei Drittel waren sogar ausverkauft. Dafür möchten wir unserem treuen Publikum recht herzlich danken. Die vorliegende Broschüre fasst die in den Medien erschienenen Berichte und Rezensionen über die Tage Alter Musik 2023 zusammen. Die zahlreichen Fotos von Michael Vogl geben die charakteristische und unverwechselbare Festivalatmosphäre wieder. Die 39. Tage Alter Musik Regensburg finden am Pfingstwochenende in der Zeit vom 17. bis 20. Mai 2024 statt. Ihr Team der Tage Alter Musik (Ludwig Hartmann, Stephan Schmid, Paul Holzgartner)

Zeittafel 4 FREITAG, 26. MAI 2023 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt Konzert 1: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche regensburger Domspatzen & l’arpa festante Konzert 2: 22.45 Uhr, Schottenkirche St. Jakob contrapunctus (grossbritannien) SAMSTAG, 27. MAI 2023 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt 13.00 bis 19.00 Uhr ausstellung Konzert 3: 11.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche the royal wind music (niederlande) Konzert 4:TEIL I, 14.00 Uhr, Reichssaal les Passions de l’Âme (schweiz) Konzert 5: 16.00 Uhr, Basilika St. Emmeram oslo circles (norwegen) Konzert 4: TEIL II, 18.00 Uhr, Reichssaal les Passions de l’Âme (schweiz) Konzert 6: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche hathor consort – Pluto-ensemble – oltremontano antwerpen (belgien) Konzert 7: 22.45 Uhr, Schottenkirche St. Jakob holland baroque (niederlande) SONNTAG, 28. MAI 2023 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt, ausstellung Konzert 8: 11.00 Uhr, Reichssaal in echo (grossbritannien) Konzert 9: 14.00 Uhr, Ehemalige Dompfarrkirche St. Ulrich lucile boulanger & Pierre gallon (frankreich) Konzert 10: 16.00 Uhr, Basilika Alte Kapelle alia mens (frankreich) Konzert 11: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche compagnia di Punto (Deutschland) Konzert 12: 22.45 Uhr, Leerer Beutel barokksolistene (norwegen) MONTAG, 29. MAI 2023 10.00 bis 16.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt, ausstellung Konzert 13: 11.00 Uhr, Minoritenkirche Dialogos & kantaduri (frankreich/ kroatien) Konzert 14: 14.00 Uhr, Niedermünsterkirche la rêveuse (frankreich)) Konzert 15: 16.00 Uhr, Reichssaal ludus instrumentalis (Deutschland) Konzert 16: 19.00 Uhr (!), Dreieinigkeitskirche {oh!} orkiestra (Polen) zeittafel tage alter musik regensburg 2023

Tage Alter Musik Regensburg 2023 5 Oltremontano Antwerpen v.l.n.r. Wim Becu, Raphaël Robyns, Juan González Martínez, Robert Schlegl, Anna Schall, Adrien Mabire Eröffnung der Tage Alter Musik 2023 im Klostergarten St. Blasius TAM-Team, Ludwig Hartmann, Stephan Schmid, Paul Holzgartner

Tage Alter Musik Regensburg 2023 7 Wolfgang Dersch, Kulturreferent der Stadt Regensburg Florian Luderschmid, Regierungsvizepräsident der Oberpfalz & die Musiker von Oltremontano Antwerpen Oswald Beaujean, Programmbereichsleiter BR-KLASSIK Ludwig Artinger, Bürgermeister der Stadt Regensburg Blick auf den Klostergarten St. Blasius

8 7. Juni 2023 // Autor: Uwe Mitsching Großes im Kleinen bei den Tagen alter Musik Pfingstferien – da kann es einem schon Angst werden in Regensburg. Denn da erstickt die Stadt geradezu an der Umarmung durch Tourist*innen und Einheimische. Allerdings auch durch die, die zu den Tagen Alter Musik wollen. Wie immer kommt halb Europa voller Spannung und Wissbegier zum Festival – und hat die Qual der Wahl zwischen 16 Konzerten. Der frenetische Applaus in der Dreieinigkeitskirche für die Compagnia di Punto zeigt: Da hatten sich viele mit dieser nahezu unbekannten und zwischen norwegischen und französischen fast einsamen deutschen Truppe die richtigen Festspielkarten bestellt. Auch wenn der Konzerttitel „Große Musik im kleinen Kreis“ nach philharmonischer Abonnementkost klang: Das waren Mozart und Beethoven zwar im kleinen Kreis und nicht mit Klangmauern von zehn Kontrabässen wie bei Thielemann, sondern mit überhaupt nur zehn Musiker*innen für die ganz großen Stücke des Klassikrepertoires: ein Sakrileg? Christian Binde ist Leiter und einer der beiden Hornisten der Compagnia, und seine Zusammenarbeit mit den Avantgardisten der Szene (Teodor Currentzis, Patricia Kopatchinskaja, Maxim Emelyanychev) hat ihm gezeigt, dass die sogenannte historische Aufführungspraxis noch mehr Facetten hat als gedacht. Zum Beispiel die der Bearbeitungen der schon seinerzeit beliebtesten Klassiker durch Carl Friedrich Ebers (1770 bis 1836). Der wusste durch seine Tätigkeit in Schwerin und Magdeburg, welche Besetzungsmöglichkeiten in der Provinz damals bestanden, dass andererseits viele Menschen die neuesten Symphonien hören wollten. Und so macht er aus der Eroica ein Stück für den Markt: für fünf Bläser, fünf Streicher, aber ohne Pauke. Das wurde für heute nochmals arrangiert. Die Compagnia di Punto bringt die Essenz der vier Sätze durchaus auf den Punkt. Die beiden Naturhörner geben schöne alte Klangfarben: Diese Eroica hört man nicht als Heroen-, sondern in den Ecksätzen eher als flottes Frühlingsstück mit fröhlichem Zwitschern der Querflöte, ansehnlich kraftvollen Crescendi. Wer „historisch informiert“ im Normalmaß wollte, war zum Beispiel mit Oslo Circles und der Musik von Henry Purcell allemal gut bedient. Der Entdeckungsfaktor war hier der bereits erfolgreiche Counter David Hansen: Purcells King Arthur und die zitternde „Frost-Scene“ singt er perfekt. Compagnia di Punto in der Dreieinigkeitskirche

Tage Alter Musik Regensburg 2023 9 STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 I do not know where to start to thank you enough for this invitation and this experience we had with our performance Hecuba in your festival! It remains a very strong musical, artistic and human experience for all of us. And your impeccable team of collaborators, is a dreamteam to work with. Many sincere thanks from heart and hopefully, until another time! Katarina Livljanic Ensemble Dialogos Die Regensburger Domspatzen & L’arpa festante unter der Leitung von Christian Heiß beim Eröffnungskonzert in der Dreieinigkeitskirche Die Harfenistin Emma Huijsser von Holland Baroque

10 BR-KLASSIK „Allegro“ 30. Mai 2023 // Bilanz: Tage Alter Musik Regensburg 2023 – Mekka des Originalklangs // Autor: Thorsten Preuß / Wolfgang Schicker Jedes Jahr an Pfingsten wird Regensburg zum Pilgerort der Originalklang-Szene. Dann finden dort die Tage Alter Musik statt, eines der wichtigsten europäischen Festivals für historische Aufführungspraxis. BRKLASSIK zieht Bilanz. Tage Alter Musik Regensburg, das heißt: 18 Konzerte von Freitagabend bis Montagabend in historischen Sälen und prachtvollen Kirchen. Und die waren auch in diesem Jahr wieder rappelvoll. Die Krise der Klassik hat offenbar einen Bogen um Regensburg gemacht, obwohl doch die unprätentiöse Machart des Festivals jedemMarketing-Coach die Schweißperlen auf die Stirn treiben würde. Denn es gibt kein Thema, keinMotto und kaum Stars. Es werden keine gesellschaftlichen Diskurse angestoßen, es gibt kein Fahrradkonzert und auch keinen Rapper, der Mozart ein bisschen aufpeppen soll. Es gibt nur wundervolle Räume und tolle Musikerinnen und Musiker. Und ein Publikum, das sich gerne mitnehmen lässt und das am Ende die Musik von Komponisten bejubelt, die Giovanni Priuli heißen, Benedictus À Sancto Josepho oder Christoph Strauss. Es ist fast schon paradox: Wenn man Neues erleben will, muss man auf ein Alte-Musik-Festival wie in Regensburg gehen. Konzerte, die besonders herausstachen Christoph Strauss ist ein gutes Stichwort: Drei Ensembles sind nötig, um das ungewöhnliche „Requiem“ des so gut wie vergessenen frühbarocken Wiener Komponisten Christoph Strauss aufzuführen. Also haben sich extra für das Konzert in Regensburg das Hathor Consort mit seinen Gamben, das Ensemble Oltremontano mit seinen Bläsern und die Sängerinnen und Sänger vom PlutoEnsemble zusammengetan. Um das Requiem herum haben sie noch ein abendfüllendes Programm gestrickt, das vom Dunkel zum Licht führte, von einer einsamen Gambe bis Hathor Consort & Pluto Ensemble in der Dreieinigkitskirche

Tage Alter Musik Regensburg 2023 11 zur strahlenden Mehrchörigkeit. Das gibt es nicht auf CD, das ist kein Allerwelts-Programm, sondern das kann man nur auf einem Festival wie in Regensburg erleben. Bemerkennswerte Newcomerinnen Anders als im sonstigen Klassikbetrieb sind Frauen als Ensembleleiterinnen in der Alten-Musik-Szene schon längst Normalität. Und so waren es auch fünf Frauen, die prägende Akzente in Regensburg setzten. Etwa die junge französische Gambistin Lucile Boulanger, die gerade auf demWeg vomGeheimtipp zum Star der Szene ist. Sie verschmilzt beim Spielen so sehr mit ihrem Instrument, als wäre die Gambe ein Teil ihres Körpers. Oder die niederländischen Zwillingsschwestern Judith und Tineke Steenbrink und ihr Ensemble Holland Baroque, die Musik aus dem “Untergrund” mit nach Regensburg gebracht haben: katholische Kirchenmusik, die im calvinistischen Holland heimlich in provisorischen Kirchen und Scheunen aufgeführt worden ist. Musikalischer Marathon mit Feuerwerk Einen wahren Konzertmarathon hat die Geigerin Meret Lüthi absolviert: In drei Konzerten spielte sie den kompletten Zyklus der Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber – auf einer einzigen Violine. Das ist eine besondere Herausforderung, denn sie musste das Instrument vor jeder Sonate in eine andere Stimmung bringen (Skordatur). Ein Kraftakt, für den Meret Lüthi zu Recht Standing Ovations erhielt. Lucile Boulanger in der Ulrichskirche Holland Baroque in der Schottenkirche STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 … Thank you for these lovely few days in Regensburg. It was great to see you. All very best wishes. Thomas Hobbs Tenor, Ensemble Alia Mens

BR Klassik 12 Zum Abschluss des Festivals setzte die polnische Geigerin und Dirigentin Martyna Pastuszka mit ihrem {oh!} Orkiestra ein Ausrufezeichen. Auf dem Papier sah das Programm mit Barocksuiten aus dem deutschsprachigen Raum ziemlich eintönig aus, aber Pastuszka zauberte daraus mit ihremOrchester ein musikalisches Feuerwerk, machte aus den standardisierten Tanzsätzen voller Fantasie und Energie eine wahre „Festmusik“ vielfältigster Klangfarben – und brachte damit das Publikum zum Toben. Domspatzen beim Auftaktkonzert Leider trübt ausgerechnet das traditionelle Auftaktkonzert mit den Regensburger Domspatzen die durchweg positive Festivalbilanz etwas. Wie schon im vergangenen Jahr haben sie das Festival eingeläutet. Die Domspatzen hatten sich mit “L’arpa festante” ein Barockorchester dazu geholt, zu dem die jungen Sänger keine rechte Bindung fanden, und so klang z.B. Bachs Osteroratorium wenig inspiriert. Und ganz generell stellt sich natürlich auch die Frage, ob man ausgerechMeret Lüthi und ihr Ensemble Les Passions de l’Âme Die Regensburger Domspatzen und L’arpa festante in der Dreieinigkeitskirche. Leitung: Christian Heiß STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 Das Festival, das in diesem Jahr zum 38. Mal stattfand, hat wieder Mal gezeigt, warum es zu den besten Festivals für Alte Musik in Europa gehört. Ilona Hanning Bayerischer Rundfunk, SWR2

Tage Alter Musik Regensburg 2023 13 net auf einem Originalklang-Festival Bachs Musik entgegen allem, was man heute weiß, in opulenter Chorbesetzung interpretieren sollte. Eine der kommenden Herausforderungen für Domkapellmeister Christoph Heiß dürfte es sein, darauf Antworten zu finden, wenn die Domspatzen weiterhin auf Festspielniveau dabei sein wollen. Regensburg als Knotenpunkt für die Szene Die Originalklang-Szene hatte bei den Tagen Alter Musik Regensburg auch in diesem Jahr wieder niedrigschwellige Vernetzungsmöglichkeiten über die reinen Konzerte hinaus. Der Festivalspirit lebt vom persönlichen Austausch der Musikerinnen und Musiker untereinander, aber auch mit dem Publikum – egal ob zwischen den Konzerten oder in den kleinen Restaurants und Kneipen der Altstadt. Außerdem gab es wieder eine Art Börse der Szene im Salzstadel direkt an der Steinernen Brücke, wo sich Verlage und Instrumentenwerkstätten präsentierten und wo sich Profis und Liebhaber einfach von den vielfältigen Angeboten inspirieren lassen konnten. {oh!} Orkiestra & Martyna Pastuszka Ausstellung im Salzstadel an der Steinernen Brücke

14 Ausschnitte aus der Sendung „Jazz und mehr“ 7. Oktober 2023 // Autor: Roland Spiegel Die Regen Thema: Jazz und mehr Herzlich willkommen zu dieser Sendung – diesmal mit dem Motto „Die Regen“. Das Thema hat mit einem kleinen Wortspiel zu tun: Es geht um Musik von Interpretinnen und Interpreten, die dieses Jahr bei zwei vorbildlichen Festivals in Regensburg zu hören waren. Und hier ist gleich der schwungvolle Anfang. Mit sehr regen und anregenden Klängen. Musik: Bjarte Eike Barrokksolistene: Wallom Green (Trad.) CD “The Alehouse Sessions”, Rubicon RCD1017 (LC 07800) Das war das Ensemble des norwegischen Geigers Bjarte Eike, eines auf Barockmusik spezialisierten Musikers, der mit seinen Mitstreitern seit einigen Jahren sehr reizvoll die Musik aus englischen Bierkneipen des 17. Jahrhunderts erforscht. Das eben war ein traditionelles Stück aus der Sammlung „The Dancing Master“ des englischen Verlegers John Playford, der im 17. Jahrhundert einfache und weit verbreitete Stücke sammelte. Die Barocksolisten von Bjarte Eike waren an Pfingsten in Regensburg bei einem vorzüglichen Festival zu erleben: bei den „Tagen Alter Musik“. Da bestritten sie ein nächtliches „Alehouse Music“-Programm voller musikalischer und komödiantischer Perlen. Später hier noch mehr von dieser Gruppe, unter Lucile Boulanger & Pierre Gallon in der Ulrichskirche

Tage Alter Musik Regensburg 2023 15 anderem auch ein hinreißendes Seemannslied. Auch noch andere Musik von Ensembles, die bei den Tagen Alter Musik auftraten, wird hier zu hören sein: allerdings nicht in Live-Mitschnitten, die an anderen Stellen bei uns im Programm laufen, sondern aus Studioaufnahmen. Die „Tage Alter Musik“ gibt es seit 1984. Sie fanden jetzt zum 38. Mal statt – an verschiedenen hinreißenden historischen Orten der Stadt. Ein ganz breites musikalisches Spektrum wurde da abgedeckt – und ich fand, stimmigere Erlebnisse aus der Kombination historischer Orte und geschichtsträchtiger Töne sind gar nicht vorstellbar. Musik: Lucile Boulanger: La Sainscy (Antoine de Forqueray) CD “Les Défis de M. Forqueray”, harmonia mundi HMM 902330 (LC 7045) Herrliche Musik, nicht wahr. Das Solo-Instrument war kein Cello, sondern eine Gambe. Für alle Fälle, falls in dieser Ausgabe von „Jazz und mehr“ viele Leute zuhören, die sich selten mit sogenannter Alter Musik auseinandersetzen, hier eine kurze Erläuterung: Eine Gambe sieht, oberflächlich betrachtet, ähnlich aus wie ein Cello, hat aber mehr Saiten, ein breiteres Griffbrett, an dem außerdem sogenannte Bünde angebracht sind, die Schultern des Instruments fallen etwas sanfter ab als die beim Klangkörper eines Cellos. Eine Gambe ist auch anders gestimmt, und sie klingt auch anders: zarter, zerbrechlicher, ein bisschen flüsternd. Dadurch entsteht ein völlig anderer Eindruck: Die Musik bekommt dadurch oft etwas reizvoll Entrücktes, Vergeistigtes. Und, ganz naiv gesprochen: Sie klingt einfach hinreißend schön. Und das vor allem, wenn die Französin Lucile Boulanger sie spielt. Von deren Album „Des Défis de M. Forqueray“ stammte dieser Satz. Er ist aus einer Suite des französischen Komponisten Antoine Forqueray. Der lebte von 1672 bis 1745 und war schon in sehr jungen Jahren am Hof von Ludwig XIV. Der Titel von Lucile Boulangers Album ließe sich übersetzen mit „Die Herausforderungen des Monsieur Forqueray“. Dieser Gambist hatte sich vorgenommen, etwas von der sehr bewegten Luftigkeit italienischer Musik in die zuvor eher statische Ästhetik der französischen Hofmusik hineinzubringen. Das Konzert von Lucile Boulanger bei den Tagen Alter Musik in Regensburg war ein sehr feines sinnliches Vergnügen, das noch dazu, wie das ganze Festival, viel Erkenntnis transportierte. Später noch mehr aus diesem Album. Musik: Bjarte Eike Barokksolistene: Leave her Jonny (Trad.) CD “The Alehouse Sessions”, Rubicon RCD1017 (LC 07800) „Leave her, Jonny, leave her“. Ein Seemannslied mit sehr anrührender Atmosphäre. Hier gesungen von den Barocksolisten des norwegischen Geigers Bjarte Eike. Dieses Lied, ein Shanty, ist nicht schon aus der Barockzeit verbürgt, sondern erst in Quellen aus dem Jahr 1901 zu finden. Doch ins Programm dieser Musiker, die sich historischen Tönen aus Bierkneipen in England widmen, passt es sehr gut hinein. Es war auch unlängst live ein sehr bewegender Moment beim Auftritt dieses Ensembles bei den Tagen Alter Musik in Regensburg. Die Percussion bei dieser Gruppe spielt übrigens einMusiker, der auch aus diversen Jazz-Ensembles und –Aufnahmen bekannt ist: Helge Andreas Norbakken. So verwandt sind manchmal die musikalischen Welten. Hier weitere Musik mit der großartigen Gamben-Spielerin Lucile Boulanger. Diesmal ist es eine Violinsonate des italienischen Komponisten Arcangelo Corelli – in Bearbeitung für Gambe. Zwei Sätze mitten aus diesemWerk hören Sie hier. Der erste ist ein langsamer Satz, ein Adagio, den Lucile Boulanger solo spielt. Musik: Lucile Boulanger: Adagio / Allegro (A. Corelli) CD “Les Défis de M. Forqueray”, harmonia mundi HMM 902330 (LC 7045) Musik: Gawain Glenton / Silas Wollston: La brillantina (Gioseffo Guami) CD “The Myth of Venice”, Delphian DCD34261 (LC 12979) Eine Orgel. Und: Hätten Sie es erkannt? Das war keine Trompete. Und auch keine Art Flöte. Sondern ein Instrument namens Zink. Ein historisches Instrument, das aussieht wie Barokksolistene im Leeren Beutel

16 BR Klassik ein gekrümmter dunkler Holzprügel mit Grifflöchern. Und das ein Kesselmundstück wie eine Trompete hat. Es kann sehr faszinierend klingen, vor allem wenn es so gut gespielt ist wie hier. Hier hörten Sie die beiden Musiker Gawain Glenton und Silas Wollston mit einem Stück namens „La brillantina“ von Gioseffo Guami, einem Komponisten des späten 16. Jahrhunderts aus Venedig. Die beiden Musiker, die Sie hier hörten, waren dieses Jahr innerhalb eines größeren Ensembles (In Echo) bei den Tagen Alter Musik in Regensburg zu erleben. Ein Festival, das einen ganz hohen musikalischen Erlebnis- und Erkenntniswert bietet. „Die Regen“ hieß mein Motto in „Jazz und mehr“ heute. Den nächsten Jazz auf BR-Klassik können Sie am Montag in der Jazztime um 23.05 Uhr hören. Und hier folgt zum Ausklang noch einmal wunderschöne traditionelle Kneipen-Musik mit dem Barockensemble des Geigers Bjarte Eike. Auf Wiederhören beim nächsten Mal, Ihr Roland Spiegel. Musik: Bjarte Eike Barokksolistene: Johnny Faa (Trad.) CD “The Alehouse Sessions”, Rubicon RCD1017 (LC 07800) In Echo (Gawain Glenton, Silas Wollston, Richard Boothby) im Reichssaal Lucile Boulanger & Pierre Gallon in der Ulrichskirche STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 „Vielen Dank für die wunderbaren Stunden in Regensburg, auch namens der ganzen The Royal Wind Music. Wir hatten eine tolle Zeit, fühlten uns sehr wohl und sind unglaublich beeindruckt von der guten Stimmung und netten Atmosphäre rund um unseren Auftritt und die anderen Konzerte. Viel Erfolg bei der Vorbereitung weiterer Editionen der TAM! Ganz herzlich.” Anna Stegmann The Royal Wind Music

Tage Alter Musik Regensburg 2023 17 Das Vokalensemble Contrapunctus unter der Leitung von Owen Rees in der Schottenkirche Besuchereinlass vor dem Konzert mit Contrapunctus in der Schottenkirche STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 Die unkomplizierte Zusammenarbeit im Vorfeld, die durchwegs erfreuliche und zielgerichtete Kommunikation mit Ihnen und Ihrem Team, Ihre Sorge um das Wohlbefinden der Künstler in zahlreichen Details und nicht zuletzt das Vertrauen, das Sie uns als Ensemble schenken, haben dieses Projekt zusammen mit der gehobenen Festival-Stimmung, die in Ihrer Stadt allerorten gegenwärtig zu sein schien zu einem einzigartig schönen Ereignis gemacht. herzlich. Christian Binde Naturhornist und Leiter der Compagnia di Punto

18 BR-KLASSIK „Tafel-Confect“, live von den 38. Tagen Alter Musik Regensburg 29. Mai 2023, 12.05 – 14.00 Uhr // Autor: Thorsten Preuß Opener Tafel-Confect to go Das Tafel-Confect ist wieder unterwegs, heute in Regensburg, und da ist einiges los an diesem verlängerten Wochenende: Die Sonne strahlt vom Himmel, auf dem Dultplatz dreht sich wieder das Riesenrad, im Biergarten jubeln die Bayern-Fans über den unverhofften Meistertitel. Und irgendwo dazwischen findet Deutschlands vielleicht wichtigstes Originalklang-Festival statt: die Tage Alter Musik Regensburg. Und wir sind mit dabei. In den kommenden zwei Stunden erwarten Sie die tiefsten Bässe und die größten Blockflöten der Welt, eine Gambistin, die im Nebenberuf Filmschauspielerin war; es geht um die Wirkung von Biber auf Hunde und von Bierzeltbesuchen auf den Gesang. Und am Anfang habe ich für Sie eine MozartSymphonie im Taschenformat. Musik: Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonie Nr. 40 g-Moll, KV 550, 1. Satz Ein Konzertmitschnitt von gestern Abend aus der Regensburger Dreieinigkeitskirche: Das Scherzo aus Mozarts g-moll-Sinfonie in einem Kammermusik-Arrangement aus dem Jahr 1809, gespielt von der Compagnia di Punto unter der Leitung des Hornisten Christian Binde. Mozart- oder BeethovenSinfonien für zehn Spieler – warum gab es das damals zu Beginn des 19. Jahrhunderts? ”O-Ton Christian Binde:Vor allen Dingen kann man sagen, weil es keine CD-Spieler zu der Zeit gab, auch keine Schallplattenspieler und keine Möglichkeit, Musik in irgendeiner Form zu konservieren. Großbesetzte Werke waren natürlich ein sehr sehr teurer Spaß, ich vergleiche das gerne mit Fußballmannschaften heute, heute investieren Leute in Fußballmannschaften. Ein großes gutes Orchester war damals mehr als ein normaler Luxusartikel, da musste man wirklich Wirtschaftskraft haben, um sich das dauerhaft leisten zu können. Aber die Musik war extrem populär und viele Leute wollten sie hören. Gerade in Ländern wie Deutschland, wo es viele kleine Höfe gab, viele kleine „Versailles“ und lauter kleine „Sonnenkönige“, wollte jeder nach Möglichkeit ein repräsentatives Ensemble Compagnia di Punto in der Dreieinigkeitskirche

haben, vergleichbar mit Sport heute. Das hatte einen großen Stellenwert, man hat sich kleine Ensembles geleistet und das hat für die Verbreitung gesorgt. Musik: Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur „Eroica“, 3. Satz: Scherzo Das Scherzo aus Beethovens Eroica in einer Taschen-Version für zehn Spieler mit der Compagnia di Punto, gestern Abend bei den Tagen Alter Musik Regensburg. Wer den neuesten Trends aus der OriginalklangSzene nachspüren möchte, ist hier richtig. Und warum lohnt es sich sonst noch, jedes Jahr an Pfingsten nach Regensburg zu fahren? Unser Festival-Check sagt es Ihnen. Der Festival Check Heute: die Tage Alter Musik Regensburg Der schönste Aufführungsort: Minoritenkirche natürlich! - Der Reichssaal, gerade wenn die Matineé stattfindet, dann ist er auch noch nicht so warm, also amMorgen, wenn die Sonne reinscheint, ist es wunderschön. Und dann mag ich noch die alte Kapelle am Kornmarkt, das sind meine zwei Favoriten. - Ich war im alten Reichssaal, der ist natürlich besonders beeindruckend. Wo ich aber auch gerne drin bin, ist im leeren Beutel, das ist halt eher casual. – Also für mich ist es die Schottenkirche, die für die Nachtkonzerte einmalige Kirche. Warum gerade hier? Ich mag, dass man sich hier so darum bemüht, die Altstadt mit einzubeziehen, dass es in so vielen verschiedenen Orten ist. Und ich finde super, dass es ein Programm gibt, das Weltklasse ist. - Es ist einfach eine schöne Stadt, um spazieren zu gehen, und die ganze Geschichte und das ganze Ambiente auch am Fluss, die Steinerne Brücke und das Grün. Und jetzt im Sommer auch das ganze Leben hier und das Wetter hilft doch. Wie ist das Essen? Als Helfer ist man doch eher auf Diät. - Also, wir waren passend zumWetter in Regensburg Pizza essen, Italienisch, gern auch kurdisch, wenn wir es schaffen, und tagsüber ein bisschen Kaffee, Kuchen, Eisdielen gibt es ja hier unendlich viele schöne. Das kurioseste Instrument: Diese Blockflöte, doppelt mannshoch, und der Zink natürlich, das musste man erst kennenlernen, wenn man hier anfängt. Was kostet die teuerste Karte? Soweit ich weiß 54 Euro. Was kostet die günstigste Karte? Da sind wir bei 14 Euro. Der Dresscode: Blaues Hemd, schwarze Hose, schwarze Schuhe. Smart casual. - Ich bin mit dem Radl heute gekommen und habe eben nur zwei so Taschen dabei und das Zelt ist da mit drin, da passt nicht viel Dresscode rein. Aber dadurch, dass das Wetter schön ist, ist halt eher sommerlich leicht. - Sehr leger. Man kann kommen, wie man mag, unkompliziert und leger, das ist das Schöne bei TAM. Musik: Antoine Forqueray: La Leclair Musik von Antonie Forqueray, gespielt von Lucile Boulanger, dem neuen Stern am Gamben-Himmel. Ihre CDs mit Musik von Forqueray und Bach und Abel wurden vielfach ausgezeichnet, die BBC hat sie sogar mit der Cellogöttin Jacqueline du Pré verglichen. Nun sitzt Sie mir ganz irdisch hier im Studio in Regensburg gegenüber. Herzlich willkommen und bonjour! Lucile Boulanger, Sie haben unglaublich früh begonnen, Gambe zu spielen, nämlich mit 5! Normalerweise lernen Kinder in diesem Alter Blockflöte oder Klavier oder allenfalls Geige, aber sicher kein Alte-Musik-Instrument, von dem sogar viele Erwachsene noch nie etwas gehört haben. Wie sind Sie zur Gambe gekommen? LuciLe BouLanger: In Frankreich wird es immer üblicher, direkt mit der Gambe zu beginnen, es gibt ungefähr hundert Gambenklassen in Frankreich. Und ich selbst komme aus einer Musikerfamilie. Bei uns zu Hause gab es viel Alte Musik. Ich habe als Kind mehr Cembali gesehen als Klaviere und mehr Gamben als Celli, Für mich war die Entscheidung für die Viola da gamba also etwas völlig Normales. Mit fünf, sogar etwas früher, habe ich im Konzert jemanden Gambe spielen sehen, nicht zum ersten Mal, aber dieses Mal habe ich mich in das Instrument verliebt – und die Spielerin ist für die nächsten zehn Jahre meine Gambenlehrerin geworden. Wenn man so früh anfängt, fragt man sich später allerdings, ob es wirklich so gut ist, wenn man sein ganzes Leben aufbaut auf einer Laune, die man als fünfjähriges Kind hatte. Trotzdem ist es sicher ein Privileg, möglichst früh in einer musikalischen Sprache zu baden. Ich habe festgestellt, dass ich Ihre Stimme schon kannte, bevor ich Sie auf der Gambe gehört habe. Mein Sohn hat nämlich früher eine Zeitlang die Zeichentrickserie Dora gesehen, auf Französisch Dora l’exploratrice, und was ich damals nicht wusste: die Stimme von Dora in der französischen Fassung, das ist ihre Stimme! LuciLe BouLanger: Ja, das stimmt. Auch in diesem Alter, mit vier, fünf Jahren, habe ich angefangen, Kinderrollen in Filmen zu überTage Alter Musik Regensburg 2023 19 Lucile Boulanger & Pierre Gallon in der Ulrichskirche

nehmen. Und ziemlich lange wollte ich auch beide Berufe ergreifen, Musikerin und Schauspielerin. Aber während meiner Schauspielausbildung, vor dem Studium am Konservatorium, hatte ich plötzlich die Nase voll, und da habe mich entschieden, nur Musik zu machen. Und das war ziemlich traurig, denn um mich herum gab es viel Druck und es hieß, dass man eine Wahl treffen muss, dass man nicht gleichzeitig zwei Dinge gut machen kann - aber ich habe lange dagegengehalten! Und ich glaube auch, dass es möglich ist, beides zu machen! Aber irgendwann spürte ich, dass es eher meiner Identität entsprach, voll und ganz Musikerin zu sein. Als Kind habe ich tatsächlich viele Filme gedreht und war Synchronsprecherin. Übrigens braucht man beim Synchronisieren ein sehr genaues Rhythmusgefühl, das ist gar nicht so weit weg von der Musik! Wenn man schon in jungen Jahren so oft auf der Bühne steht – hat man dann eigentlich noch Lampenfieber? LuciLe BouLanger: Ja, auf jeden Fall! Wenn man Kind ist, passiert das eher unterbewusst, man merkt nicht so, was auf dem Spiel steht. Scheitern ist da nichts Schlimmes, man fällt halt mal bei einer Prüfung durch. In meiner Familie hatte ich keinen Druck; alles, was mir gelang, war gut, und wenn was schiefging – c’est la vie! Als Kind fällt man immer wieder mal hin. Als Erwachsener steht mehr auf dem Spiel. Wenn manWettbewerbe gewonnen und ein bestimmtes Niveau erreicht hat, kann man davon nicht mehr runter. Man darf nicht unterhalb seiner Bestmarke spielen. Je weiter man kommt, desto größer wird der Druck, desto größer wird die Angst oder das Lampenfieber. Und das hat auch was Gutes - denn ohne Lampenfieber wäre es auch ein bisschen langweilig. Hier in Regensburg stellen Sie einen der größten Gambenspieler des Barock ins Zentrum, Antonie Forqueray. Der lebte am Hof von Ludwig XIV., war aber nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt. Was war Forqueray für eine Persönlichkeit? LuciLe BouLanger: Antoine Forqueray stammt aus einer Musikerdynastie und war ziemlich verhaltensgestört. Das ist gut dokumentiert, denn seine Frau hat die Scheidung eingereicht, was damals absolut selten war. Er war sehr gewalttätig gegenüber seiner Frau, und er hat auch seinen Sohn misshandelt, Jean-Baptiste-Antoine, der selbst sehr virtuos Gambe spielte und die Stücke seines Vaters herausgab. Aber der Vater hat den Sohn ins Gefängnis sperren lassen, offiziell wegen schlechter Sitten, aber in Wirklichkeit aus Neid, weil er den Sohn als Konkurrenten ausschalten wollte. Antoine Forqueray (Vater) war also offenbar ziemlich verrückt. Ich bin zwar sehr glücklich, seine Musik zu spielen, aber auch sehr glücklich, dass ich nicht mit ihm in Kontakt kommen muss. Was reizt Sie an seiner Musik? LuciLe BouLanger: Man kennt ihn üblicherweise für seine Virtuosität. Er hat die Gambe an ihre Grenzen gebracht, indem er sich von der virtuosen italienischen Violinmusik inspirieren ließ. Aber in Wirklichkeit sind seine Stücke sehr unterschiedlich vom Charakter her. Man spielt Forquerays Musik oft so ein bisschen gereizt, weil man die Person im Hinterkopf hat. Aber es gibt in seiner Musik auch viel Zärtlichkeit, viel Theatralik, extreme Effekte, eine wirkliche Tiefe und eine große harmonische Originalität. Das macht viel Spaß. Lucile Boulanger macht uns Lust auf Musik von Forqueray – vielen Dank für das Gespräch! 20 BR Klassik Contrapunctus unter der Leitung von Owen Rees in der Schottenkirche STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 Thank you for organizing this great festival! I’m impressed how well you organised it, the pleasant, relaxed atmosphere was very nice! Thank you that we could be contribute to it and for working together so nice! I enjoyed it! Christien de Kok Toccata Music Management

Musik: Antoine Forqueray: Suite Nr. 4 gMoll, 5. Satz Musik von Antoine Forqueray, gespielt von Pierre Gallon, Claire Gautrot, Romain Falik und von der Gambistin Lucile Boulanger. Gestern war sie bei den Tagen Alter Musik Regensburg zu Gast, und das Gespräch mit ihr haben wir vorher bei uns im Regensburger BR-KLASSIK-Studio aufgezeichnet. Wohin gehen, wenn es Nacht wird in Regensburg? Vielleicht in eine der vielen kleinen, aber lauten Bars und Kneipen? Oder ins Festivallokal der Tage Alter Musik, wo man bis zwei Uhr nachts bei einem Glas Bier mit Musikern und Festival-Machern ins Ratschen kommen kann? Oder aber man geht ins Nachtkonzert. Dunkel ragen die Türme der Schottenkirche in den Himmel, nur aus dem Eingangsportal glimmt ein wenig Licht. Ein stimmungsvoller Ort, findet der Dirigent Owen Rees, der mit seinem Vokalensemble Contrapunctus hier am Freitag Abend aufgetreten ist: ”O-Ton Owen Rees: „Es ist ein sehr inspirierendes Gebäude. Zum einen ist die Akustik ideal für Polyphonie, aber auch die Kassettendecke im Inneren ist toll. Und dann ist außen die auffallende Fassade mit ihren faszinierenden und fast schon exotischen Reliefen. Das ist schon ein beeindruckender Eingang fürs Publikum.“ Musik: Francisco Guerrero: Ego flos campi Jedes Jahr staunt man in Regensburg über ein anderes hochkarätiges Vokalensemble aus Großbritannien: Ob Voces8, Gesualdo Six oder die ORA Singers, sie alle waren schon hier zu entdecken. Und dieses Jahr reiht sich das Ensemble Contrapunctus in die illustre Gesellschaft ein – mit Vokalmusik der spanischen Renaissance, wie diesem „Ave virgo sanctissima“ von Francisco Guerrero. Der Dirigent Owen Rees, Musik-Professor in Oxford, hat die zehn jungen Sängerinnen und Sänger zu einer homogenen Einheit geformt. Und hat nach Regensburg auch eines seiner Lieblingsstücke mitgebracht – eine Motette von Tomás Luis de Victoria. ”O-Ton Owen Rees : „Es ist eine Hohelied-Vertonung, wie viele in unserem Programm. Victoria porträtiert in dieser Motette eine Frau, die ihren Geliebten verloren hat, die in den Straßen der Stadt umherstreift. Sie sucht ihn und bittet die Töchter Jerusalems um Hilfe. Es ist eine Art Dialog. Und Victoria macht aus diesem Stück ein Lamento der Heiligen Jungfrau Maria, er deutet es als Text für die Karwoche um, als Maria ihren Sohn betrauert. Es ist ein bitter-süßes Stück, und ich finde, Victoria fängt das wirklich perfekt ein.“ Musik: Tomás Luis de Victoria: Vadam et circuibo civitatem „Vadam et circuibo civitatem“ – eine Hohelied-Vertonung von Tomás Luis de Victoria, gesungen am Freitag Abend in der Regensburger Schottenkirche vom britischen Ensemble Contrapunctus. BR-KLASSIK berichtet heute von den Tagen Alter Musik, und der mittelalterliche Reichssaal von Regensburg mit den kostbarenWandteppichen und dem Baldachin bot in diesem Jahr vor allem einem Komponisten eine Bühne: Heinrich Ignaz Franz Biber. Seine Rosenkranzsonaten waren ein Schwerpunkt des Festivals, gespielt in drei Konzerten von der Geigerin Meret Lüthi, und zuvor aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet auf einer Tagung der Uni Regensburg. Mein Kollege Quirin Seilbeck war neugierig und hat die Vorträge im Evangelischen Bildungswerk besucht. Beitrag von Quirin Seilbeck: Rosenkranztagung Sogar Tiere mögen Biber, sagt die Geigerin Marianne Rônez aus Wien. Eines Tages ist sie zu Besuch bei Freunden und wird gebeten auf ihrer Geige die Rosenkranzsonate „Jesus am Ölberg“ zu spielen, währenddessen döst der Familienhund gelangweilt in einer Ecke…. „Auf einmal sehe ich, wie dieser Hund ganz langsam auf mich zukommt, zuerst habe ich gedacht, was kommt jetzt. Er hat sich hingesetzt und mich angestarrt und wie ich fertig war, war es so, als wenn was vom Hund runtergefallen ist, wie ein Sack, und er ist wieder schlafen gegangen“. Diese Szene erzählt sie auch in ihrem Vortrag, sie verdeutlicht die enorme Wirkung der verschiedenen Klangfarben der Rosenkranzsonaten. Durch die Skordatur, der gezielten Verstimmung der Saiten, hebt sich die Sologeige von ihrer Begleitung ab und wirkt dabei mal heller, dunkler oder fröhlicher. So wie es die Rosenkranzbilder vorgeben, auf deren Grundlage Biber komponiert hat, sagt Michael Braun, Musikwissenschaftler an der Universität Regensburg, in seinem Vortrag. Er ist der Organisator der Tagung, die dadurch inspiriert wurde, „… dass es so viele Facetten gibt, die sich dadurch ansprechen lassen, also rein musikalische, was die Skordatur und den Rosenkranz angeht, was die Frömmigkeit angeht, es ist sehr schnell möglich mit den Rosenkranzsonaten verschiedene Aspekte anzusprechen, das ist natürlich für so ein Festival besonders schön, die auch mitgenommen werden können in den Konzertsaal“. Einen dieser Aspekte spricht Liturgiewissenschaftler Harald Buchinger an, er erklärt, dass der Rosenkranz eigentlich gar kein GeTage Alter Musik Regensburg 2023 21 Meret Lüthi im Reichssaal

bet sei, sondern eher ein meditatives Rezitieren, was zum Gebet hinführt und ein schlichter Ersatz für das Stundengebet ist. Darüber waren vor allem die Jüngeren im Publikum erstaunt: „Die Entstehung des Rosenkranzes, das fand ich wirklich interessant, dass es sozusagen der Ersatz des Ersatzes ist, und dass es europaweit Erfolg hatte und sich so verbreitete…“ – „… bei mir ist vor allem hängengeblieben, dass man sich mit diesen Stücken auseinandersetzen sollte …“ Dass diese Neugier im Publikum aufkeimt ist auch Meret Lüthis Vortrag zu verdanken. Die Leiterin des Ensembles Les Passions de l’Âme erzählt von ihren ganz persönlichen Biber-Momenten. Ein Beispiel: Die Sonate der „Geißelung“. Hier zeigt das dazugehörige Rosenkranz-Bild in der Partitur Jesus mit nach hinten gebundenen Händen, „… und da sieht man genau, was man später in Musik oder in Tönen darstellt, diese gebundenen Hände hinter dem Rücken, die er da hat, entsprechen genau dem Gefühl, das man erlebt beim Spielen der Skordatur hier…“ Am Ende der Tagung stehen sowohl beim Publikum, als auch bei den Expertinnen und Experten reichlich Erkenntnisse auf der Haben-Seite. Hätte Meret Lüthi noch die Chance, demKomponisten Biber eine Frage zu stellen, dann wäre es diese: „…Ich möchte wissen, wie sein Gehirn aussieht, wie denkt er um all die sieben Ecken? Wie fühlt es sich an, wie schnell und wie synapsenreich ist er im Diskutieren? Ich glaube, das wäre ein Feuerwerk…“ Vorhang zu und noch so manche Frage offen nach der Tagung über Bibers RosenkranzSonaten. Quirin Seilbeck war dabei. Und wenn Sie mehr über diese Musik erfahren wollen, die Hund und Mensch berührt: Heute Nachmittag stellt Meret Lüthi ihre neue Aufnahme der Rosenkranz-Sonaten noch einmal vor und verrät, was ihre Geige mit einem Zauberbesen zu tun hat. Heute um 17 Uhr hier auf BR-KLASSIK. Musik: Heinrich Ignaz Franz Biber: Aria aus der Rosenkranz-Sonate Nr. 14 D-Dur Die Rosenkranzsonate zu Mariä Himmelfahrt, gespielt von Meret Lüthi und ihrem Ensemble Les Passions de l’Âme. Die Krise der Klassik – die hat offenbar einen Bogen um Regensburg gemacht. Alle Kirchen, alle Säle sind rappelvoll. Wie kann das sein, wo doch die unprätentiöse Machart der Tage Alter Musik jedem Marketing-Coach die Schweißperlen auf die Stirn treiben würde? Vielleicht ist das das Regensburger Pfingstwunder. Es gibt kein Thema, keinen Claim, kaum Stars. Es werden keine gesellschaftlichen Diskurse angestoßen, es gibt kein Fahrradkonzert und keinen Rapper, der Mozart ein bisschen aufpeppt. Es gibt nur wundervolle Räume und tolle Musiker. Und dann jubeln am Ende Hunderte von Zuhörerinnen und Zuhörern über Komponisten, die Giovanni Priuli heißen oder Benedictus À Sancto Josepho oder auch einfach Christoph Strauss. Musik: Christoph Strauss: Ausschnitt Requiem Mit diesem Stück, das das Läuten der Totenglocken imitiert, beginnt das Requiem von Christoph Strauss, zu Beginn des 17. Jahrhunderts Kapellmeister am Wiener Stephansdom. Entdeckt haben diese Totenmesse die Gambistin Romina Lischka und der Countertenor Marnix de Cat – und waren verblüfft: ”O-Ton Romina Lischka und Marnix De Cat: „Die Besetzung mit 10 Sängern und 10 Gamben: Wir haben beide nie vorher sowas gesehen, und das ist auch die extrem tiefe Lage auch bei den Sängern…“ - „…Ich glaube, das ist nie ausgeführt, wegen dieser speziellen unglaublich tiefen Basslage, das ist auch ein bisschen eine Übergangsperiode; in Wien haben vorher die Flamen die Polyphonie eingebracht und dann sind die Italiener mit ihrem neuen Einfluss in die Musik gekommen, Strauss hat ein bisschen alte Polyphonie und auch neue Sachen, das ist so schön und so speziell..“ Musik: Christoph Strauss: Ausschnitt Requiem: Lux aeterna Sowas kann wirklich nur ein Festival leisten: Drei Ensembles sind nötig, um dieses ungewöhnliche Werk von Christoph Strauss aufzuführen. Also haben sich das Hathor Consort mit seinen Gamben, das Ensemble Oltremontano mit seinen Bläsern und die Sängerinnen und Sänger vom Pluto-Ensemble zusammengetan und um das Requiem herum noch ein abendfüllendes Programm gestrickt, das vom Dunkel zum Licht führt, von einer einsamen Gambe bis zur strahlen22 BR Klassik Zinken & Posaunen von Oltremontano Antwerpen in der Dreieinigkeitskirche

den Mehrchörigkeit. Drei Gruppen, drei Ensembleleiter. Und wer von ihnen ist nun der Chef? ”O-Ton Marnix De Cat & Romina Lischka: „Die Musik! Ich meine, wir haben alle unsere eigenen Sachen, die wir vorbereiten müssen und dann kommen wir zusammen und machen Musik …” – “…man muss das so sagen, dass wir als Musiker in diesem Programm alle bemerkt haben, dass wir selber noch nie in so einer Konstellation gespielt haben und dass es wirklich sehr speziell ist, das ist auch für uns ein Fest!..“ Musik: Claudio Monteverdi: Laudate Dominum (aus: Selva morale et spirituale, 1641) Das Tafel-Confect kommt heute live von den Tagen Alter Musik Regensburg, und das war einer der Höhepunkte des Festivals: das Konzert mit demHathor Consort unter Romina Lischka, mit Oltremontano Antwerpen unter Wim Becu und mit dem PlutoEnsemble unter Marnix de Cat. Hier haben sie sich vereint für ein Laudate Dominum von Claudio Monteverdi. Und das ganze Konzert gibt’s zu hören genau in einemMonat, am 29. Juni hier auf BR-KLASSIK. Die Tage Alter Musik sind eine große Informationsbörse über die aktuellen Trends der Originalklang-Szene. Nicht nur in den Konzerten. Künstleragenturen, Veranstalter, Journalisten sind auch vor Ort und tauschen sich aus. Und dann gibt es im historischen Salzstadel gleich neben der Steinernen Brücke noch ein Infozentrum. Da präsentieren Instrumentenbauer ihre Lauten, Zinken und tragbare Orgeln. Und es gibt auch einen riesigen Tisch voller aktueller CDs. Mein Kollege Wolfgang Schicker hat sich eine davon ausgesucht. Tafel-Confect-Kostprobe Wie im Brennglas spiegelt die Kathedrale von Sevilla die wechselvolle Geschichte Spaniens. Denn bewusst baute man das imposante Gotteshaus an die Stelle der alten, verfallenen Moschee als Zeichen des Triumphes, des Sieges der spanischen Könige über die arabischen Herrscher Andalusiens. Vom Genius Loci ließ sich das niederländische Blockflöten-Ensemble „The Royal Wind Music“ inspirieren zu einer neuen CDmit polyphoner Musik aus dem Spanien des 16. Jahrhunderts, die in den Handschriften der Kathedrale überliefert ist. Einige Reste der alten Moschee hat man beim Bau der Kathedrale belassen, darunter den idyllischen „Patio de los Naranjos“, den Apfelsinenhof. Nach diesem bezaubernden Ort ist die CD benannt und hier im Schatten der Orangenbäume beginnt die musikalische Erkundung der Kathedrale mit einer Improvisation über einen alten Modus der arabischen Musik, wie er im mittelalterlichen Marokko und Spanien in Gebrauch war. Anschließend durchstreift die Royal Wind Music den Altarraum und die Kapellen der Kathedrale von Sevilla, besteigt den Turmmit seinem fantastischen Blick über die Stadt. Jedem dieser Orte sind einige Werke zugewiesen, die den Charakter der Kirche besonders gut treffen oder eben von Komponisten stammen, die an der Kathedrale tätig waren. Die Royal Wind Music ist ein reines Blockflöten-Ensemble. In der Renaissance schätzte man große Ensembles aus einer Instrumentenfamilie und daher baute man Blockflöten in allen Registern von Sopranino bis Subcontrabass, also von der Länge her etwa von der Spargelstange bis zum Alphorn. Diese Art der Besetzung folgt dem Renaissance-Ideal eines homogenen Klangbildes, das über den Tonumfang jedoch breit aufgefächert wird. Dieses Ideal feilt das Ensemble mit Wurzeln im Amsterdamer Konservatorium in feinsten Nuancen aus. Die elf Musikerinnen und Musiker zelebrieren den weichen und warmen Klang der Blockflöte, bleiben aber trotzdem stets transparent in der Stimmführung. Die Musik lebt durch den Atem, der aus elf Mündern kommt und den Charakter jedes einzelnen Tons formt – aber auch durch ihre Verknüpfung mit einem Ort, der in jedem Stein von unendlich vielen Schicksalen, Begegnungen und Begebenheiten erzählt. Eine CD mit dem Blockflötenensemble Royal Wind Music rund um den Orangenhof der Kathedrale von Sevilla, erschienen beim Label Pan Classics. Wolfgang Schicker hat das Album vorgestellt, und hier eine kleine Kostprobe daraus. Musik: The Royal Wind Music Ein Stück aus der Notensammlung des Sohns von Christoph Columbus, gespielt von der Royal Wind Music. Am Samstag war das Ensemble mit seinen übermannsgroßen Blockflöten auch bei den Tagen Alter Musik in Regensburg zu Gast und hat das Publikum zum Staunen gebracht. Pfingsten in Regensburg: da prallen jedes Jahr zwei Welten aufeinander. Denn da gibt es nicht nur die Tage Alter Musik, sondern meistens auch die Dult – so wird hier das Volksfest genannt. Gudrun Petruschka wollte wissen, ob es da irgendwo eine Schnittmenge gibt: Geht das Festival-Publikum Riesenradfahren? Und wissen die Dult-Fans, welches Musikfestival gerade in Regensburg stattfindet? DuLtBesucher: Natürlich weiß ich es nicht. DuLtBesucher: Ich weiß es tatsächlich auch nicht, um welches Musikfestival handelt es sich denn? DuLtBesucher: Jazz ist es wahrscheinlich nicht, kommt das noch im Juni? DuLtBesucherin: Nein, da habe ich nichts davon gehört. Sind sie Dultgängerin, gehen sie dahin? taM-Besucherin: Nein, ich bin keine Dultgängerin. Tage Alter Musik Regensburg 2023 23 Paul-Antoine Bénos-Dijan, Countertenor in der Alten Kapelle

Haben Sie eine Vorstellung, was Alte Musik ist? DuLtBesucher: Das ist Definitionssache, was „alt“ ist. Sind zehn Jahre alt, sind 100 Jahre alt? Ich weiß es nicht. Haben Sie eine Idee, was das sein könnte, Tage Alter Musik? DuLtBesucher*innen: Wo den ganzen Tag ältere Lieder gespielt werden? Ja, würde ich auch sagen, also Lieder von damals, von früher, einfach was unsere Eltern gehört haben. Vielleicht sogar noch früher? Gehen Sie auf die Dult? taM-Besucherin: Ich habe es vor. Falls ich es noch schaffe, möchte ich es mir zumindest mal angucken. taM-Besucherin: Ich bin keine Dultgängerin; das ist mir zu viel Rummel, zu viel schlechtes Essen und zu viel Lederhosen und Dirndl. Das ist einfach nicht meins. DuLtBesucher: Gute Frage, was ist Alte Musik? Ich würde wahrscheinlich sagen, so um 1900, vielleicht sogar noch früher? christof hartkopf: Naja, wenn man offen ist für beides… Musik gibt es auch auf der Dult. Also ich kann mich erinnern, wir sind vom Domspatzen-Internat aus oft zur Dult gepilgert. Am nächsten Morgen dann haben wir uns immer über unsere wahnsinnig tiefen Bass-Stimmen gefreut, weil wir im Bierzelt einfach so mitgebrüllt haben: „Sierra Madre“. Ein gutes Kontrastprogrammwürde ich sagen. Dult und Tage Alter Musik: man kann auf jeden Fall beides machen. Das war zuletzt der Bassist Christof Hartkopf, der hier in Erinnerungen geschwelgt hat – ein ehemaliger Domspatz. Er stand in diesem Jahr auch auf der Bühne bei den Tagen Alter Musik: beim Eröffnungskonzert am Freitag, zusammen mit seinem früheren Chor, den Regensburger Domspatzen. Musik: Johann Sebastian Bach: Himmelfahrtsoratorium, Eingangschor: Lobet Gott in seinen Reichen BWV 11 Die Regensburger Domspatzen und das Barockorchester L’arpa festante unter der Leitung von Christian Heiß mit Bachs Himmelfahrtsoratorium am vergangenen Freitag in der Dreieinigkeitskirche. Und wenn Sie noch nicht in Regensburg waren, aber mal sehen wollen, wie es dort aussieht bei einem Konzert: In unserem BR-KLASSIK-Kanal auf YouTube haben wir gerade ein neues Video hochgeladen mit Musik von Heinrich Schütz, gesungen vom Dresdner Kammerchor, und zwar eben in der Dreieinigkeitskirche, aufgenommen bei den Tagen Alter Musik 2016. Klicken Sie ruhig mal rein, auf YouTube gibt es mittlerweile eine ganze Alte-Musik-Playlist von BR-KLASSIK, z.B. mit Musik von Biber, Boccherini und natürlich Bach. Musik: Johann Sebastian Bach: Kantate Liebster Gott, wenn wird ich sterben BWV 8. Choral: Herrscher über Tod und Leben Seit vielen Jahren tobt unter Bach-Fans ein erbitterter Streit. Wie soll man seine Kantaten aufführen – mit großem Chor oder in solistischer Besetzung? Bei den Tagen Alter Musik Regensburg kommen in diesem Jahr beide Lager auf ihre Kosten. Während die Domspatzen mit rund 70 Sängern angerückt sind, besteht der Chor beim französischen Ensemble Alia Mens, das wir eben gehört haben, nur aus vier Köpfen. Und das funktioniert auch – zumindest in der üppig-runden Akustik der goldgeschmückten Alten Kapelle. Für Hellmuth Rilling, der heute übrigens 90 Jahre alt wird, war es noch selbstverständlich, den folgenden Choral aus der Kantate „Meine Seufzer, meine Tränen“ von seinemChor singen zu lassen. Beim Ensemble Alia Mens dagegen singt nur einer: der Countertenor Paul-Antoine Bénos-Dijan. Musik: Johann Sebastian Bach: Kantate Meine Seufzer, meine Tränen BWV 13 Choral: Der Gott, der mir hat versprochen Paul-Antoine Bénos-Dijan und das Ensemble Alia Mens unter der Leitung von Olivier Spilmont mit dem Choral „Der Gott, der mir hat versprochen“ von Johann Sebastian Bach, gestern Nachmittag in der Alten Kapelle Regensburg. Und mit Bach im weitesten Sinne hat auch unser heutiges Stichwort aus dem Tafel-Confect-Lexikon der Alten Musik zu tun: Dirk Kruse stellt einen Komponisten vor, den man heute Nachmittag bei den Tagen Alter Musik entdecken kann. Tafel-Confect-Lexikon Egal ob Popmusik oder Klassik. In beiden Musikrichtungen kennt man das sogenannte One-Hit-Wonder. Das sind Komponisten, die nur für ein einziges Musikstück bekannt sind, obwohl sie viel mehr und vielleicht auch viel besseres komponiert haben. Johann Pachelbel mit seinem Kanon zählt dazu, Marc-Antoine Charpentier mit der Eurovisionshymne oder Thomas Arne mit dem Patriotenhit Rule Britannia. Noch übler aber ergeht es Komponisten, die nur noch dem Namen nach bekannt sind. Und das auch nur, weil sie imWerk eines bekannten Konkurrenten auftauchen. Beethovens Diabelli-Variationen sind berühmt, aber wer kennt Anton Diabelli? Auch Mozarts Hoffmeister-Quartett ist ein Begriff, aber Franz Anton Hoffmeister? Und Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen sind ein Gipfel der Alten Musik. Aber wer ist Johann Gottlieb Goldberg? Goldberg, Johann Gottlieb: getauft am 14. März 1727 in Danzig, gestorben am 15. April 1756 in Dresden. Deutscher Cembalist und Komponist des Barock. Schon als Kind in Danzig besaß der junge Johann Gottlieb Goldberg die Gabe unbekannte Noten fehlerfrei vom Blatt spielen zu BR Klassik 24 Ludus Instrumentalis im Reichssaal

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