Einführung
2025 jährt sich zum 500. Mal der Geburtstag Giovanni Pierluigi da Palestrinas, allgemein bekannt als „Palestrina“ nach seinem Herkunftsort in der mittelitalienischen Region Latium. Seine Musik evoziert ein klangliches Ideal von Klarheit, Balance und Ordnung, vergleichbar mit dem Marmorweiß im Rom der Renaissance, wo der Komponist den größten Teil seines Lebens und seiner Karriere verbracht hat. Dieses Bild von Palestrina steht in starkem Gegensatz zur „mittelalterlichen Dunkelheit“ eines Johannes Ockeghem oder zur barocken Extravaganz eines Claudio Monteverdi. Die imaginative Kraft seines Namens ist so stark, dass sie sogar ein stilistisches Ideal hervorgebracht hat: Der „Palestrina-Stil“ steht noch heute für den klassischen Renaissance-Kontrapunkt, der an Musikhochschulen und Universitäten gelehrt wird.
Der Einfluss Palestrinas beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Musikunterricht. Er hat auch Komponisten wie Hans Pfitzner inspiriert – der ihm 1917 eine ganze Oper gewidmet hat – und Schriftsteller wie Thomas Mann – der den Pakt mit dem Teufel in Doktor Faustus (1947) am Geburtsort Palestrinas ansiedelt. Palestrinas Musik wird von professionellen Musiker:innen und Amateur:innen aufgeführt, findet sich in unzähligen Aufnahmen und wird sogar als Soundtrack für Videospiele verwendet, wie zum Beispiel Civilization V (2010).
So groß war Palestrinas Erfolg über die Jahrhunderte, dass sein Name und seine Musik heute möglicherweise eine gewisse Ermüdung, sogar Irritation hervorrufen. Viele betrachten Palestrina als einen langweiligen Komponisten, der sich ganz der Kirchenmusik verschrieben hat und einen so polierten Stil pflegte, dass er monoton wird. Viel besser sei die Musik des kontroversen Genies Gesualdo da Venosa!
Sowohl das positive, hieratische Bild Palestrinas als auch das negative, eintönige sind Produkte eines Prozesses der Mythologisierung. Der Mensch, seine Karriere, seine Musik und seine moderne Rezeption sind weit komplexer und facettenreicher als dieses „heilige“ Porträt vermuten lässt. Und es gibt noch viel, was wir nicht über ihn wissen: Ironischerweise ist sogar das Geburtsdatum von 1525, das wir mit diesem Symposium feiern, nicht ganz sicher.
Ziel dieser Tagung ist es, neues Licht auf die Figur Giovanni Pierluigi da Palestrinas zu werfen. Neben Nigel Short, dem Leiter des Tenebrae Choir, werden Musikwissenschaftler:innen aus verschiedenen europäischen Ländern ein faszinierendes und komplexes Bild zeichnen. Es ist wie beim Marmorweiß im Rom der Renaissance: je näher man herankommt, desto mehr werden Adern, Brüche und Unvollkommenheiten sichtbar, wodurch der Stein lebendig wird.
Organisation
Prof. Dr. Katelijne Schiltz (Universität Regensburg, Institut für Musikwissenschaft)
Prof. Dr. Antonio Chemotti (KULeuven, Alamire Foundation, KBR Brüssel)
Konzerte
Tenebrae Choir
Musik von Palestrina, Anerio und Lasso
Samstag, 18. Mai 2025
22.45 Uhr
Dominikanerkirche
Nigel Short | Leitung
Regensburger Domspatzen & La Cetra Basel
1050 Jahre Regensburger Domspatzen – 500. Geburtstag Giovanni Pierluigi da Palestrina
Freitag, 6. Juni 2025
20.00 Uhr
Dom St. Peter
| Domplatz 1
Christian Heiß | Leitung
Kontakt
Prof. Dr. Katelijne Schiltz
Universität Regensburg
Institut für Musikwissenschaft
Universitätsstraße 31
93053 Regensburg
katelijne.schiltz@ur.de
Anmeldung
Der Eintritt zur Tagung ist frei, interessierte Zuhörer:innen sind herzlich willkommen. Es wird jedoch um Anmeldung bis zum 30. Mai 2025 gebeten: patricia.hahn@ur.de.
Tagungshomepage